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Juuli - Mein Bett vermisst mich (Pt. 2)

Der Grund, warum dieser Blogeintrag dermaßen verspätet kommt, ist mein unglaublich tolles Zeitmanagement, kombiniert mit einem leichten Hauch Prokrastination… Aber gut, lest euch den Post gut durch, dann seht ihr, was ich stattdessen so alles getrieben habe :D

 

 

Frisch vom ersten Sommercamp zurückgekehrt (siehe Juni), war für mich erstmal keine Entspannung angesagt, denn schon am nächsten Tag ging es für Xaver und mich auf einen Überraschungsausflug, der von unseren Tutorinnen Elina und Madli geplant wurde. Es war quasi ein „Dankeschön-Ausflug“, da wir ja beide Estland bald verlassen würden. Morgens wurden wir also abgeholt und in Richtung Otepää gefahren, wo wir bei einem Kletterpark stoppten. Na das konnte ja noch spannend werden… Ich mein, die Pacours waren jetzt nicht mega hoch und 4 von 6 (ja, gab nicht allzu viele) waren auch nicht so ganz anspruchsvoll, aber für mich als Kletteranfängerin war das ganze aufregend genug und vorallem der vorletzte Pfad hatte es ganzschön in sich. Ich war schon ziemlich erschöpft und hatte mit der Höhe zu kämpfen, aber als ich dann eine Frau umklettern musste, die bei einer Stelle schon mindestens ne Viertelstunde saß und nen Heulkrampf hatte (don’t worry, ihr wurde geholfen), hab ich mich nochmal zusammengerissen um nicht genauso zu enden lol. Schlussendlich wars dann aber eh lustig. Dann gings in ein Restaurant essen, ehe wir noch ein Wildtier-Auffanglager besuchten und dort endlich paar heimische Tierarten (Stichwort Elch und Bär) ansehen konnten, ohne dabei in Gefahr zu kommen lol.

 

 

Am nächsten Tag gabs wieder ein Treffen mit Madli und Xaver, denn ich und Matvii durften ihnen bei der Organisation eines Sporttags in Hargla helfen. Dort durfte ich etwas Verrücktes ausprobieren : Kiiking. Das ist anscheinend so ne Nationalsportart in Estland und ist grob gesagt Schaukeln. Im Grunde genommen stehst du auf einer Schaukel mit Metallstäben statt Seilen, die an einem fetten Gerüst befestigt ist. Du wirst mit den Beinen und Händen an die Schaukel bzw die Stäbe festgeknotet (schaut sehr suspicious aus) und dann geht’s los. Du machst so lange Kniebeugen bis du so hoch schaukelst, dass du einen 360° machst. Leider hats bei mir dafür nicht ganz gereicht, aber die anderen haben schon paar Runden um die Schaukelachse gedreht :D Crazy Erfahrung!

 

 

Ein paar Tage später hätten Matvii und ich im Zuge einer Umweltwoche in Valga einen Insektenhotel-Bau-Workshop geben sollen, doch aufgrund mangelnder Teilnehmer wurde dieser leider gecancelled. Dennoch haben wir gratis Eintritt für ein Konzert der Volk-Pop-Rock-Band „TradAttack“ (coole Musik!) (wieder Dudelsack-und Flötenalarm though) bekommen, zu dem wir mit Mylene und Xaver gegangen sind. Der nächste Morgen wurde dann nicht zum Ausschlafen genutzt, stattdessen ging es auf einen Trip nach Saaremaa, der legendär werden sollte. Dazu dann aber mehr im Reise-Blog.

 

 

Nach diesem mehrtägigen Ausflug ging es für mich schon wieder auf Achse, dieses Mal nach Riga und Vilnius, wo ich mich mit meinen Eltern und meinem Bruder traf, mit denen ich wieder rauf nach Estland fuhr und ein paar Tage gemeinsam verbrachte (dazu auch mehr im Reiseblog). Allzu lange hatte ich aber nicht Zeit für sie, denn es ging schon wieder aufs nächste Camp. Dieses Mal „Spekter“, das von der Defense League organisiert wurde und 5 Tage andauerte. Wir wohnten in kleinen Häusern nahe Hargla, die Kinder (diesmal ziemlich jung, 6-14 Jahre alt oderso) übernachteten in Zelten. Am Tag gab es immer Workshops für die Kleinen (z.B. Gesicht in Tarnfarben schminken, Feldküche, etc.) und wir Volunteers organisierten Spiele mit Wasser in den Pausen, da es abnormal heiß für estnische Verhältnisse (ca 30°C) war. Das Essen war diesmal echt geil, zwar nicht immer vegetarisch, aber die Beilagen waren auch schon echt lecker und dieses Mal hatte ich ja auch schon ordentlich Proviant mit lol. Grundsätzlich gabs bei dem Camp eigentlich nicht so viel für uns zu tun, bis auf diesen einen Abend:  Es hatte alles so friedlich begonnen, wunderschöner Sonnenuntergang, hatten gerade ein Theaterstück aufgeführt und waren in ihre Zelte gekrochen und wir hatten uns auch schon in die Hütte gechillt, als plötzlich das ärgste Gewitter ausbrach. Zuerst „nur“ Starkregen, der uns schon Sorgen wegen den Zelten bereitete, doch dann kam Blitz und Donner, wir sahen dicke Äste abbrechen, und die Betreuer rannten alle raus um die Kiddos zu retten. Die hatten sich zum Glück schon unter einer Holzhütte versammelt, als in diese ein Blitz einschlug. Ja, richtig gelesen. Zum Glück ist nix passiert, doch als sich alles wieder beruhigt hatte, mussten wir die ganzen Zelte von Wassermassen befreien, zusammenbauen, verwehte Dinge zusammenklauben und traumatisierte Kinder trösten. Ein Zelt + DJ- Equimpent musste sogar aus dem anliegenden Teich gezogen werden und beim Aufräumen hatte sich ein Defense-League-Typ auch noch das Bein gebrochen. Ein Desaster. Aber trotzdem ein wahnsinniges Glück, dass sonst nix passiert ist. Leider mussten viele Kinder das Camp daraufhin verlassen (hatten keinen Schlafplatz mehr), aber wir machten den letzten Tag auch noch weiter. Ur süß, beim Abschied hat mir ein Kind, das ich getröstet hab, ein Bild vom Gewitter gemalt :) Scheint das Trauma überwunden zu haben :D (Ich glaub die meisten Kinder fanden den Sturm eh ziemlich geil lol)  

 

 

Ich war genau einen Tag zuhause, an dem wir Xavers Abschiedsparty feierten, da er in den nächsten Wochen wieder heim nach Deutschland reisen würde. Noch einmal wurde brav Bierpong und Flunky Ball gespielt, doch am nächsten Tag ging es nachmittags schwerst bepackt zum Bahnhof. Es war Zeit für „Malev“. Das letzte Feriencamp, vor dem ich mich schon am meisten fürchtete. 2 Wochen lang mit unbekannten Kindern und unbekannten Betreuern irgendwo am Land harte physische Arbeit verrichten. Sounds fun. Klassische Soviet-Tradition halt. Ich wurde von Pille, einer Jugendarbeiterin abgeholt und zu Kaija, der zweiten Campbetreuerin gefahren, auf deren Farm wir für zwei Wochen leben und arbeiten sollten. Es gab in ganz Valgamaa (Bundesland) verschiedenste Standorte an „Arbeitsstellen“, bei denen je 2 Youthworker mit ca 10 Jugendlichen im Alter von 14 – 18 Jahren lebten (normalerweise sind die Youthworker nicht gleichzeitig die Arbeitgeber, nur in diesem Fall war Kaija beides) Die Jugendlichen bekommen Stundenlohn ( ca 3,50€ ), wir Volunteers waren quasi wie privilegierte Jugendliche, abgesehen davon, dass wir kein Geld bekamen :‘(  Der Grund warum ich nicht einer Gruppe zugeordnet war, deren Betreuerinnen ich schon kannte, liegt daran, dass Kaija selbst mal Freiwillige in Österreich war und ihr Deutsch üben wollte. Deshalb ging es für mich auf ihren Bauernhof in der Einöde, wo sie mit ihren zwei süßen Kindern, 3 ur lieben Hunden, 2 Ponys, einem Pferd und Hasen lebt.

Gemeinsam mit vier ca 16-Jährigen Mädls schlief ich gemeinsam in einem kleinen Gartenhaus, außerdem gab es noch 6 Burschen. Die ersten Tage waren ein bisschen hart für mich, denn mein Estnisch war nicht so mega gut (hab zwar einiges verstanden, aber nicht alles)  und auch wenn mir vieles übersetzt wurde, hab ich mich anfangs der Gruppe nicht ganz zugehörig gefühlt. Aber naja, zumindest beim Arbeiten haben die Mädls auf sehr gutem Englisch mit mir getratscht, während wir Erdbeer- und Himbeerfelder vom Unkraut befreien mussten, Steine vom Feld entfernten oder Holz schlichteten. Die schlimmste Arbeit war eh das Himbeerfeld, die Beste das Pferdestriegeln,  die skurrilste das Hausputzen und ausmisten (Privatsphäre undso?) und ich als fast-Marchfelderin war schockiert darüber, einen Acker voll Kartoffeln doch tatsächlich mit der Hand abernten zu müssen. LOL.  Das Essen war mega lecker, zum Frühstück gabs fast immer „Puder“ (Getreidebrei in verschiedensten Ausführungen) (eigentlich gabs das eh bei jedem Camp, aber ich liebs), mittags sogar ne Nachspeise, Abendessen schon um 5 am Nachmittag und in der Nacht auch noch nen „Snack“ (manchmal sogar Burger lol) Für mich wurde immer extra gekocht, es war so gut und endlich konnte ich einige traditionelle Gerichte ausprobieren. Also vom Fleisch gfallen bin ich dort nicht ;D Nachts haben wirs uns immer am Lagerfeuer gemütlich gemacht und an Slogan-, Lied,-und Theaterideen für die Hauptversammlung gefeilt, doch davor war es noch Zeit für Hygiene. Aus Ermangelung einer Dusche ging es für uns fast jeden Tag in die Sauna (getrennt und nackt, versteht sich), wo wir uns im Anschluss mit dem dort erwärmten Wasser reinigten lol. Im Laufe der Woche verstand ich mich mit den Jugendlichen immer besser, auch wenn ich schon komplett erledigt war, weil sie immer bis um 2 Uhr in der Früh in unserem Zimmer Karten spielten und es um 8 schon wieder Frühstück gab, uff. Das + die Arbeit laugten mich schon dezent aus haha. 

 

Am Wochenende fuhren wir gemeinsam zu einem großen Lager (scheint im Winter wohl ein „Skigebiet“ dort zu sein), wo wir uns mit allen Gruppen trafen und ich auch endlich meinen Mitbewohner wieder sah. Die Gruppen traten das ganze Wochenende in Wettbewerben an z.B. Camp-Song, Theaterstück, Sport, Video oder Plakat-Präsentationen (in der Kategorie haben wir definitiv gewonnen- > unser Plakat war eine echte Motorhaube, auf die wir mit Knetmasse geschrieben und gemalt haben). Ich war nicht das ganze Wochenende dabei, da ich Samstag abends zu einem Nachtflohmarkt nach Hargla fuhr, bei dem Xaver und Dasha mitgeholfen hatten. Es war echt zauberhaft, da es in einem, von Lichterketten beleuchteten Wald stattfand und nachher verbrachte ich die Nacht noch bei meinen Freunden und wir feierten Xavers definitiven Abschied. Am nächsten Morgen packte er seine Koffer und ich fuhr zurück zum Bauernhof. Weiter hackln. In der zweiten Woche durfte ich zum Glück ein paar Mal pausieren, außerdem gab es nach der Arbeit noch ein paar Ausflüge, einmal zu Matviis Gruppe, die in einem alten Gutshaus wohnte und arbeitete. Den zweiten Trip machten wir an den Vörtsjärv, wo wir ein Haus-Floß mieteten, mit dem wir herumfuhren und dabei in die eingebaute Sauna gingen und grillten. Nice. Auch an einem Gruppenspaziergangs-Event im Nachbarort mussten wir trotz strömenden Regens teilnehmen, doch irgendwie wars auch ganz witzig. Am Ende der Woche verstand ich mich richtig gut mit meinen Kommilitonen und auch das lange Aufbleiben störte mich nicht mehr so, weil ich ja jetzt auch mit dabei war ;)  Zusammengefasst hats mir trotz zacher Arbeit doch viel besser gefallen als ich dachte, die Leute waren ur nett und die Tiere sowieso :D  A truly estonian experience, I’d say. Gerne wieder ; )

 

 

 

Omg soorrry für diesen Spam! Applaus für jeden, ders bis hier hin geschafft hat lol. Danke überhaupt fürs Lesen und supporten !!! Ihr könnt diesen Blog auch weiterhin gerne kommentieren und teilen, einige Fotos finden sich auch auf meinem Insta account @vicigoesestonia wieder 😊

 

Nägemist!

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Magret u. Friedemann (Donnerstag, 30 September 2021 09:01)

    Wunderbare Erlebnisse, die du sicher wie einen Film vorüber ziehen läßt. Es ist einfach einmalig.